Buchen gedenkt der Opfer der Novemberpogrome 1938
Erinnern und gedenken; unter diesem immerwährenden Motto findet eine Veranstaltungsreihe statt, die am Donnerstag, 6. November 2025, mit zwei Spielfilmen zum Thema startet. Das Kinomobil Baden-Württemberg zeigt im Atrium des Burghardt-Gymnasiums Buchen in der St.-Rochus-Straße 5 um 17 Uhr den international preisgekrönten Jugendfilm "Hitlerjunge Salomon" aus dem Jahr 1990. Um 20 Uhr steht das 2024 gedrehte Drama „In Liebe, eure Hilde“ über das Schicksal der Widerstandskämpferin Hilde Coppi aus Berlin auf dem Programm.
Am 9. November 2025 beleuchtet eine Stadtführung um 16 Uhr das Leben in Buchen zur Zeit des nationalsozialistischen Gewaltregimes. Dabei wird nicht nur auf die Opferschicksale geblickt, sondern auch auf das Verhalten der Buchener Mehrheitsbevölkerung und deren Verantwortung. Treffpunkt ist der Marktplatz vor dem Alten Rathaus (Marktstraße 25, 74722 Buchen). Die Teilnahme an der Führung ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Sie endet an der "Gedenkstätte für alle Opfer des Nationalsozialismus" am Jakob-Mayer-Platz, wo im Anschluss um 18 Uhr die öffentliche politische Gedenkveranstaltung stattfinden wird.
Zudem führt die Holocaust-Überlebende und Zeitzeugin Prof. Eveline Goodman-Thau aus Jerusalem mit Schülerinnen und Schülern des Burghardt-Gymnasium Buchen ein digitales Gespräch.
Der vorläufige negative Höhepunkt antijüdischer Maßnahmen waren auch in Buchen die Novemberpogrome am 9. November 1938. Neben der Zerstörung der Inneneinrichtung der damals bereits (zwangs-)verkauften Synagoge in der Vorstadt wurde auch massiv mit Gewalt gegen die noch verbliebene jüdische Bevölkerung vorgegangen. Der Kaufmann Strauß wurde von einem SS-Mann gequält; dieser stach mit einer Mistgabel auf ihn ein und brach ihm zwei Rippen. Jacob Mayer wurde von einem SA- und SS-Mann zusammengeschlagen. Auch in den jüdischen Gemeinden Bödigheim, Eberstadt und Hainstadt kam es zu Misshandlungen und Zerstörungen. In Eberstadt wurde die Witwe Susanna Stern durch den Ortgruppenleiter Adolf Heinrich Frey ermordet.
Rund 100 Frauen und Männer, die in der Stadt Buchen oder den heutigen Stadtteilen geboren wurden und/oder eine Zeitlang gelebt haben, kamen durch die nationalsozialistische Verfolgung ums Leben. Nicht nur Menschen jüdischen Glaubens, sondern auch Sinti, Menschen mit Einschränkungen und solche, die eine andere Gesinnung hatten. Um dieser Menschen und ihrem ganz individuellen Schicksal würdig zu gedenken sollen auf der Webseite www.buchen-gedenkt.de die Lebensgeschichten der NS-Opfer aus Buchen erzählt werden. Dort kann der aktuelle Stand des dezentralen, multimedialen Gedenkprojektes eingesehen werden. Als Bürgerbeteiligungsprojekt lebt buchen-gedenkt.de vom Mitmachen vieler. Schon jetzt vernetzen sich viele Kooperationspartner, um die Veranstaltungsreihe möglichst bunt und vielseitig zu gestalten; das dürfen gerne mehr werden. Interessierte wenden sich gerne an Stadtarchivar Tobias-Jan Kohler unter Tobias-Jan.Kohler@Buchen.de

Bildunterschrift
Die Buchenerin Marie Wolf kam über Gurs ins Vernichtungslager Auschwitz. Ihre Geschichte wurde für das Gedenkprojekt buchen-gedenkt.de von ihrem Neffen eindrücklich geschildert und ist seitdem digital verfügbar.